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    |  | Das Jeetzeldeich-Proiekt und das Sommerhochwasser 1954
Text und Fotos von Otto Puffahrt 
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          | Die Niedersächsische. Landesregierung hob 1948 das  Jeetzel-Projekt 
          aus der Taufe, ein auf Jahrzehnte angelegtes Ausbauprogramm, welches 
          sowohl die Jeetzelniederung künftig vor Hochwasser schützen als auch 
          die Niederung entwässern sollte. Mit einem Absperrdeich bei Hitzacker 
          hätte man die Elbehochwasser abwehren können aber nicht 
          Eigenhochwasser der Jeetzel. Daher ersannen tüchtige Ingenieure der 
          Bauabteilung Dannenberg des Wasserwirtschaftsamtes Lüneburg einen 
          kühnen Plan: die Bedeichung der Jeetzel zwischen Dannenberg und 
          Lüchow. Ausgenommen von dieser Bedeichung blieben die Jeetzelstrecken 
          von Hitzacker bis Dannenberg und von Lüchow bis zur Landesgrenze 
          Altmark. Diese Becken bildeten Aufspeicherungsräume bei 
          Eigenhochwasser der Jeetzel mit Ausbreitungsmöglichkeiten in die 
          Dumme-Niederung und der Lüchower Landgraben-Niederung. Um die 
          Baumaßnahmen durchführen zu können, bildete sich am 7. Juli 1950 der 
          Jeetzeldeichverband, dem die Städte Lüchow und Dannenberg sowie fünf 
          Unterverbände angehören. Ab 1949 begannen erste Baumaßnahmen im Raum 
          Dannenberg, damals noch im Rahmen der Notstandsarbeiten zur 
          Beschäftigung Arbeitsloser. In der Folgezeit wurde jeetzelaufwärts 
          Richtung Lüchow weitergebaut. Die Jeetzel erhielt auf langen Strecken 
          einen völlig neuen Verlauf und ein breiteres Gewässerbett, die Alte 
          Jeetzel blieb zur Entwässerung der Jeetzelniederung bestehen. 
          Eigenhochwasser der Jeetzel flossen nun künftig zwischen den neu 
          errichteten Jeetzeldeichen ab. Die Entwässerungsgräben, ebenfalls neu 
          hergestellt, sind sowohl an die neue Jeetzel (Jeetzelkanal) als auch 
          an die Alte Jeetzel angeschlossen worden. Wegen der sehr ebenen Lage 
          der Jeetzelniederung mussten schwierige wasserwirtschaftliche Probleme 
          gelöst werden. Ein augenfälliges Beispiel hierfür ist die Unterführung 
          der Alten Jeetzel unter den Jeetzelkanal bei Soven. Der Tunnel ist so 
          groß, dass bei seiner Einweihung im Jahre 1958 ein Volkswagen-„Käfer" 
          hindurchfahren konnte. Um das Wasser der Alten Jeetzel, welches von 
          weiteren Seitengräben zugeführt wurde, in die neue Jeetzel zu leiten, 
          war der Bau eines Schöpfwerkes notwendig, welches von 1959 bis 1961 
          errichtet wurde. Nach rd. 20 Jahren Bautätigkeit wurde beim 
          Jeetzelausbau 1967 die Landesgrenze zur Altmark erreicht. Nun konnte 
          die dort ebenfalls ausgebaute Jeetze bei Blütlingen angeschlossen 
          werden, um auch in der Altmark eine gute Entwässerung sicherzustellen.Insgesamt sind 71 km Deiche, rd. 300 km Gräben, 18 km Hauptwasserlauf, 
          zwei Schöpfwerke, vier Stauanlagen, 12 Brücken über die Jeetzel und 26 
          weitere Brücken über Seitengewässer sowie drei Wehre errichtet worden.
 Nach dem Ausbau der Jeetzel begann nach 1967 verstärkt der Ausbau der 
          Seitenentwässerung (Dumme, Lüchower Landgraben, Dannenberger 
          Landgaben, Jamelner Mühlenbach usw.). Dieser endete 1979. Damit hatte 
          das damals umfangreichste Bauprojekt im Landkreis Lüchow-Dannenberg 
          seinen endgültigen Abschluss gefunden. Bei Kl. Heide erinnert ein 
          aufgestellter Findling an das Jeetzeldeich-Projekt mit der Inschrift: 
          „Die Anlagen des Jeetzeldeichverbandes schützen ein Gebiet von 15.000 
          Hektar vor Hochwasser der Elbe und der Jeetzel." Zudem befinden sich 
          an diesem Stein sechs verschiedene Hochwassermarken mit Höhen 
          einstiger Hochwasser. Seit 1958 wird die Jeetzelniederung zwischen 
          Dannenberg und Lüchow nicht mehr überflutet, ebenso nicht mehr die 
          Städte Dannenberg und Lüchow, wie auch nicht mehr die zwischen beiden 
          Städten liegenden Dörfer.
   |  Die alte Brücke über die Jeetzel bei Liepehöfen. (1953)
 
               Ausbau der Jeetzel oberhalb Dannenbergs. (1953)
 
               Schüttung des Jeetzeldeiches bei Pisselberg. (ca. 1952)
 
               Grabenausbau. (1953)
 
               Ausbau der Jeetzel oberhalb Dannenbergs. (1953)
 
               Lehmentnahmestelle für den Jeetzeldeichverband bei Streetz. (1953)
 
               Schüttung des Jeetzeldeichs mittels Lorenbahn. (1953)
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        |  | Deichschaukommission im Jeetzeldeichverband. (1953). Ohne Kopfbedeckung:
 MdL Otto Koops, Dannenberg.
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          | Große Abschnitte der Deiche sind jedoch noch in 
          der Bauphase, als das Sommerhochwasser 1954 in der Jeetzelniederung 
          schnellste Notmaßnahmen erfordert.
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          | Für die Bewohner der Dörfer in der Jeetzelniederung waren 
          Hochwasser der Jeetzel und viel mehr noch die der Elbe nicht 
          ungewöhnlich. Fast jedes Jahr, besonders im Frühjahr nach der 
          Schneeschmelze im Mittelgebirge, wiederholte sich das schon bekannte 
          Naturereignis Hochwasser. Wegen der fast ebenen Jeetzelniederung 
          konnte sich Hochwasser rasch und weit ausbreiten. Es 
          gab keine Deiche, die den Überschwemmungen Einhalt gebieten konnten 
          und so nahm das Hochwasser seinen bekannten Verlauf. Meistens von der 
          übervollen Elbe ausgehend, setzten die Überflutungen bei Hitzacker ein 
          und drangen innerhalb weniger Tage über Dannenberg weiter südlich in 
          die Jeetzelniederung ein. Bei Elbehochwasser mit Spitzenwerten kam es 
          dann vor, dass die Fluten fast Lüchow erreichten, wie im März 1888.Die Bewohner der Jeetzelniederung hatten sich vor Jahrhunderten auf 
          den Hochwasser-Rhythmus eingestellt und siedelten auf hochwasserfreien 
          Höhen. So befinden sich die Dörfer Bückau, Prabstorf, Liepehöfen, Kl. 
          Heide, Soven, Langenhorst und Weitsche auf natürlichen und künstlich 
          aufgebrachten Höhen, die vom Hochwasser nicht erreicht werden. Diese 
          Dörfer bilden dann Inseln im Hochwasser-Meer und sind nur mit dem Kahn 
          erreichbar.
 Eine besondere Wetterlage in Südosteuropa war verantwortlich für 
          ungewöhnliche Niederschläge im Juli 1954 innerhalb des Einzugsgebietes 
          der Elbe, welches bis in das Riesengebirge reicht. Nach örtlich 148 
          Stunden Regendauer im Erzgebirge wälzte sich eine Hochwasserwelle die 
          Elbe hinab. Am 18. Juli 1954 traf die Spitze der Hochwasserwelle in 
          Schnackenburg ein. Zu diesem Zeitpunkt war das Elbevorland und ein 
          Teil der Jeetzelniederung bei Hitzacker bereits überflutet.
 Aufgrund der Hochwasserprognosen war mit einem Hochwasserstand von NN 
          + 14,20 m zu rechnen. Tatsächlich wurden dann noch zwei Zentimeter 
          mehr erreicht. Zum Vergleich. Bei einem Wasserstand von NN + 11,30 m 
          tritt bei Hitzacker die Elbe über die Ufer. Also war die 
          Jeetzelniederung bei Hitzacker knapp drei Meter hoch überflutet. 
          Zusätzlich kam es zu starken Westwinden, was den Wasserstand noch 
          örtlich erhöhte.
 Damals befanden sich Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz in der 
          Ausführung: der Ausbau der Jeetzel von Dannenberg aus in Richtung 
          Lüchow mit beiderseitigen Deichen. Das Gebiet bei Schaafhausen war 
          fast eingedeicht aber noch nicht ganz fertig. Um das Hochwasser dort 
          abzuwehren, wurde eiligst der im Bau befindliche Deich vorzeitig 
          fertiggestellt. Auf diese Weise sind 750 Hektar Fläche nicht 
          überschwemmt worden. Da es sich hier um einen Notdeich handelte, 
          musste er zusätzlich ständig mit Sandsacklagen verstärkt werden; zumal 
          der schnell aufgeschüttete Notdeich stark durchweichte.
 Das blieb jedoch nicht die einzige Maßnahme. Notdeiche sind außerdem 
          in den Gemarkungen Kl. Gusborn, Gr. Heide, Langenhorst und Weitsche 
          errichtet worden. Sie befanden sich meist im Verlauf von Wegen. Mit 
          diesen Arbeiten wurde es möglich, rd. 1850 Hektar Fläche 
          hochwasserfrei zu halten. Dennoch konnte sich das Hochwasser 1954 an 
          anderen Stellen ungehemmt ausbreiten. Insgesamt sind rd. 3800 Hektar 
          überflutet worden, hauptsächlich Grünland.
 In der Zeit vom 16. Bis 23. Juli 1954 sind etwa 300.000 Sandsäcke von 
          mehreren Hundertschaften des Bundesgrenzschutzes, zwei Hundertschaften 
          der Landesbereitschaftspolizei, der Feuerwehren aus dem Kreisgebiet 
          und Kreis Uelzen sowie einigen Zügen des Technischen Hilfswerks 
          verbaut worden. Das Hochwasser stand etwa zehn Tage in der 
          Jeetzelniederung, bevor es wieder langsam ablief. Bereits zu Beginn 
          der Überschwemmungen musste das Weidevieh aus der Jeetzelniederung in 
          höhergelegene Orte auf der Geest gebracht werden. Es handelte sich um 
          mehrere tausend Tiere.
 Ein Notverkehr mit Booten zu den vom Hochwasser eingeschlossenen 
          Ortschaften wurde aufrecht erhalten, um Lebensmittel, Wasser und 
          andere wichtige Bedarfsgegenstände nicht zu entbehren.
 Für die Landwirtschaft bedeutete das Hochwasser in der Vegetationszeit 
          einen herben Verlust. Damals wurde festgestellt: „sämtliche 
          Hackfrüchte, wie Kartoffeln und Rüben, wurden im Überflutungsgebiet 
          restlos vernichtet aber auch das kurz vor der Ernte stehende Getreide 
          erlitt schwere Schäden ..." Ein ähnlich hohes Hochwasser war ebenfalls 
          in der Vegetationszeit im Jahre 1926 in der Jeetzelniederung 
          aufgetreten und damals, im Jahre 1954, ahnte man noch nicht, dass sich 
          diese Situation nur vier Jahre später im Sommer 1958 erneut 
          wiederholen würde.
 Gänzlich überflutet wurden die Gemarkungen Bückau, Prabstorf, Soven 
          und KI. Heide. Die übrigen 20 Gemarkungen sind teilweise überflutet 
          worden, darunter die Gemarkung Dannenberg mit 465 Hektar.
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               Brückenbaustelle für die B191 in Dannenberg. (1955-56)
 
      
               Mischanlage der Brückenbaustelle für die B191 in Dannenberg.
 (1955-56)
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          | Das Hochwasser von 1958 war das letzte, welches die 
              Jeetzelniederung großflächig überschwemmte. Zu jenem Zeitpunkt 
              befand sich der Hochwasserschutz in der Jeetzelniederung kurz vor 
              seiner Vollendung. |  |  
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    Wasser folgt  Kanalbau in Lüchow        
    (Seite erstellt im November 2009) |  |