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1945 bis 1950 in Lüchow im Wendland


Mit Beiträgen von
Hans Gehricke         

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Das Buch!

 
Hans Gehricke erzählt:
"Zunächst gab es eine Ausgangssperre. Die Strom- und Wasserversorgung wurde wiederhergestellt. Alle Waffen mussten abgegeben werden. Dies wurde auch weitgehend befolgt. Gleich in den ersten Tagen der Besetzung wurden die Villen in der Schützen- und Hindenburgstrasse beschlagnahmt. Die Bewohner mussten sich Unterkünfte suchen. Später wurden noch Häuser in der Tarmitzer Strasse besetzt. In der Schlachterei von August Wellman, Grundstück Lange Str. - Ritterstr. wurde eine Großküche eingerichtet. Wir Kinder staunten nicht schlecht, was dort für Schätze eingelagert wurden: Milchpulver, Kakao, Schokolade, Tee, Kaffee, Puddingpulver, Butter, Schmalz, Öl und und ... Nachdem der Betrieb hier richtig angelaufen war, fiel auch einiges für uns Kinder ab.

Blick auf den Wasserturm von Lüchow auf einem Foto aus den 40er Jahren. Die Gasse heißt immer noch Reeperbahn.
 
Am 8. Mai 1945 kapituliert die Deutsche Wehrmacht. Alle Einheiten werden aufgefordert, sich zu ergeben. Die höheren Ränge aus Partei und Wehrmacht werden in Haft genommen, so auch bei uns im Wendland. Ab etwa dem 20. Mai ziehen deutsche Kriegsgefangene durch die Strassen in Richtung Westen. Die Bäcker bieten Kuchen an, die Schlachter Wurststücke, Oma Gehricke steht mit 2 Milchkannen an der Strasse und bietet frische Milch in Tassen an. Die Bewacher staunen über diese Hilfsbereitschaft.
 
Am 21. Juni wird das Postamt wieder geöffnet. An jede Person werden nur 4 Marken und eine Postkarte ausgegeben. Postkarten durften nur mit Maschine oder Druckschrift beschrieben werden und unterlagen der Zensur.
Der Markenvorrat für Lüchow war schnell aufgebraucht, aber es gab noch Bestände an Postkarten, die nun vorab entwertet wurden.
Die Behördenpost wird durch Schwärzungen von Dienstmarken bereichert. Von Lüchow sind mehrere Schwärzungen bekannt!
Die Lebensmittelzuteilungen auf den Lebensmittelkarten wurden immer knapper und schon bald entwickelten sich Tauschgeschäfte. Wir hatten Honig, damals etwa 60 Völker, und konnten diesen dann in kleinen Mengen gegen Butter oder Mehl und so weiter tauschen. Ein Problem war die Beschaffung von Heizmaterial. Im Wald zwischen Bösel und Dangenstorf mussten wir Kliesen (Kiefernzapfen) sammeln, die dann verheizt wurden.

Dienstmarken-Schwärzung von Dannenberg, 23. August 1945.

Auch auf Stempeln werden die NS-Embleme geschwärzt.
 
Die "Amis", wie wir sie nannten, fanden schnell Kontakt. John aus Kentucky war auch Imker und half bei den Bienen. Das Problem von Kaffee und Kakao war damit gelöst, dafür bekam er echten Imkerhonig. Und dies sprach sich herum. Der Tausch mit Zigaretten und Tabak war die positive Folge!
John hat uns 25 Jahre später noch einmal besucht!

1946 erscheinen die ersten Gemeinschaftsausgaben, diese sind nun im Osten wie im Westen gültig, nur Frankreich spielt nicht mit. Die Grenzen zwischen Ost und West sind festgelegt, aber der Osten verfestigt immer mehr seine Besatzungsrechte.


1946-48 gibt es in Ost und West gültige Briefmarken

 
Auch die Grenze zwischen der Altmark im Süden und dem Wendland wurde zunehmend dichter. Das Geld verlor nun jeglichen Wert. Es galt die Zigaretten-Währung. Eine LUCKY STRIKE = 10 Reichsmark!
Am 20. Juni 1948 kam dann die erwartete Währungsreform in den drei westlichen Besatzungszonen. Zunächst bekam jeder 40 Deutsche Mark. Damit waren alle gleich reich! Waren bis zu diesem Tag die Regale und Geschäfte leer, so musste sich etwas ganz seltsames ereignet haben. Über Nacht füllten sich Regale und Schaufenster. Plötzlich konnte man fast alles kaufen für die harte DM.
Das Wendland war nun wieder einmal Grenzland geworden, nun aber mit der ganzen Härte des kalten Krieges.

Im Westen können die alten Briefmarken mit starker Wertreduzierung aufgebraucht werden. Eine "Zehnfach-Frankatur" vom 21. Juni 1948.
 
 Grenzstreitigkeiten an der Elbe und Grenzbefestigungen zur Altmark machten das Leben nicht leichter. In Lüchow gab es keine Industrie! Ein kleiner Vorteil war, dass nun das erwirtschaftete Geld in Lüchow statt in Salzwedel ausgegeben wurde. Die britischen Besatzer waren immer noch in Lüchow und zu ihnen war das Verhältnis (im Vergleich zu vorher mit den Amerikanern)  etwas unterkühlt.
Langsam beginnt ein relativ normales Leben.  Das Verbot zur Vereinsbildung wurde aufgehoben und so war es nun möglich sich wieder in Vereinen zusammen zu schließen.

Schubertkonzert im Gildehaus 1947.
Lüchower Musikwoche zum 100. Jubiläum des Männergesangvereins Lüchow
Wiedergegründet wurde die Schützengilde und die Gesangvereine wie auch der Sportverein. Neugegründet wurde der Lüchower Philatelisten-Club von 1948. Die treibenden Kräfte waren Erich Klockmann mit seiner Frau Greta sowie Gerhard Mieländer. Als Vereinslokal wurde das Hotel Jahn ausgewählt. Hier traf man sich jeden Montag zum Tauschen und zum Erfahrungsaustausch. Eintreten in den Club konnte man nur, wenn Altmitglieder für das angehende Mitglied bürgten.
Im Jahre 1949 feierte Lüchow sein erstes Schützenfest nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit einer Musikkapelle durfte noch nicht marschiert werden, das Problem wurde anders gelöst: Zwei Kapellen wurden verpflichtet und dann an der Marschroute so aufgestellt, dass eine immer dann spielte wenn der Zug vorbeikam, die andere dann eine neue Position bezog. Die Engländer beobachteten dieses Geschehen sehr argwöhnisch.
Ohne Gewehr und Säbel und ohne Marschieren in Uniform macht Schützenfest keinen Spaß. Ersatzweise wird 1948 in Lüchow das Burgfest kreiert. Neben einem Straßenumzug gibt es einen Bootskorso auf der Jeetzel mit beleuchteten und aufwendig geschmückten Booten.


 Das sechstägige Festprogramm und das Programm des großen Chorkonzertes im Gildehaus vom Frauenchor Lüchow und den Männergesangsvereinen von Hitzacker und Lüchow im Originaltext.

Im Amtsgarten wurde in der „Fliederlaube“ geknutscht. Wenn diese besetzt war, musste man an die Jeetzel ausweichen. Da bot sich dann die große Trauerweide gegenüber von Kantor Küster an.

In der Kino-Klause spielte damals Tilo Krassmann, Pitt Hoppe und Wupper ? (Sohn von Polstermeister ?, später bei der Sparkasse). Wir haben dort toll gescherbelt. Im alten Schützenhaus wurde zum Schützenfest auf dem Dachgarten ein Zelt aufgebaut, dort feierte die Schützenkompanie (Joppen), unter anderem auch mein Vater."
 

 
Neben Chaos und Entbehrungen sind vielen Zeitzeugen dieser Jahre lebensfrohes Feiern, intensives Vereinsleben und aufwändige kulturelle Veranstaltungen in Erinnerung. Vielleicht, weil sie damals jung waren. Von "Vergnügen", wie das im Wendland heißt, wird auf weiteren Seiten noch die Rede sein. Zunächst gibt es noch einen "weiblichen" Bericht.
Im Winter 1945/46 besucht Lydia die Clenzer Kochschule. Zahlreiche Rezepte, die sie dort aufgeschrieben hat, dokumentieren die traditionelle wendländische Küche.

   Clenzer Kochschule

 

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