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1945 bis
1950 in Lüchow im Wendland
Mit Beiträgen von
Hans Gehricke
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Bereich
Seiten zu Lüchow:
Lüchow 1900-1
Lüchow 1900-2
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Lüchow 1937-1945
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Lüchow 1950-59
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Kanalbau 1960-61
Die Insel
Drawehner J.
Burgmühlen J
Th.-K.-Brücke
Hohe Brücke
Gutshof
Lüchow um 1980
Lüchow 2005
Ortsumgehung L.
Das Buch! |
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Hans Gehricke erzählt:
"Zunächst gab es eine Ausgangssperre. Die Strom- und Wasserversorgung
wurde wiederhergestellt. Alle Waffen mussten abgegeben werden. Dies wurde
auch weitgehend befolgt. Gleich in den ersten Tagen der Besetzung wurden
die Villen in der Schützen- und Hindenburgstrasse beschlagnahmt. Die
Bewohner mussten sich Unterkünfte suchen. Später wurden noch Häuser in der
Tarmitzer Strasse besetzt. In der Schlachterei von August Wellman,
Grundstück Lange Str. - Ritterstr. wurde eine Großküche eingerichtet. Wir
Kinder staunten nicht schlecht, was dort für Schätze eingelagert wurden:
Milchpulver, Kakao, Schokolade, Tee, Kaffee, Puddingpulver, Butter, Schmalz,
Öl und und ...
Nachdem der Betrieb hier richtig angelaufen war, fiel auch einiges für uns
Kinder ab. |
Blick auf den Wasserturm von Lüchow auf einem Foto aus den 40er Jahren. Die
Gasse heißt immer noch Reeperbahn. |
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Am 8. Mai 1945 kapituliert
die Deutsche Wehrmacht. Alle Einheiten werden aufgefordert, sich zu ergeben.
Die höheren Ränge aus Partei und Wehrmacht werden in Haft genommen, so auch
bei uns im Wendland. Ab etwa dem 20. Mai ziehen deutsche Kriegsgefangene
durch die Strassen in Richtung Westen. Die Bäcker bieten Kuchen an, die
Schlachter Wurststücke, Oma Gehricke steht mit 2 Milchkannen an der Strasse
und bietet frische Milch in Tassen an. Die Bewacher staunen über diese
Hilfsbereitschaft. |
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Am 21. Juni wird das Postamt wieder geöffnet. An jede
Person werden
nur 4 Marken und eine Postkarte ausgegeben. Postkarten durften nur mit Maschine
oder Druckschrift beschrieben werden und unterlagen der Zensur.
Der Markenvorrat für Lüchow war schnell aufgebraucht, aber es gab noch
Bestände an Postkarten, die nun vorab entwertet wurden.
Die Behördenpost wird durch Schwärzungen von Dienstmarken bereichert. Von
Lüchow sind mehrere Schwärzungen bekannt!
Die Lebensmittelzuteilungen auf den Lebensmittelkarten wurden immer knapper
und schon bald entwickelten sich Tauschgeschäfte. Wir hatten Honig, damals
etwa 60 Völker, und konnten diesen dann in kleinen Mengen gegen Butter
oder Mehl und so weiter tauschen. Ein Problem war die Beschaffung von Heizmaterial.
Im Wald zwischen Bösel und Dangenstorf mussten wir Kliesen (Kiefernzapfen)
sammeln, die dann verheizt wurden. |
Dienstmarken-Schwärzung von Dannenberg, 23. August 1945. |
Auch auf Stempeln werden die NS-Embleme geschwärzt. |
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Die "Amis", wie wir sie nannten, fanden schnell Kontakt. John aus
Kentucky war auch Imker und half bei den Bienen. Das Problem von Kaffee und
Kakao war damit gelöst, dafür bekam er echten Imkerhonig. Und dies sprach
sich herum. Der Tausch mit Zigaretten und Tabak war die positive
Folge!
John hat uns 25 Jahre später noch einmal besucht!1946 erscheinen die ersten
Gemeinschaftsausgaben, diese sind nun im Osten wie im Westen gültig,
nur Frankreich spielt nicht mit. Die Grenzen zwischen Ost und West
sind festgelegt, aber der Osten verfestigt immer mehr seine
Besatzungsrechte. |
1946-48 gibt es in Ost und West gültige Briefmarken |
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Auch die Grenze zwischen der Altmark im Süden und dem Wendland wurde
zunehmend dichter. Das Geld verlor nun jeglichen Wert. Es galt die
Zigaretten-Währung. Eine LUCKY STRIKE = 10 Reichsmark!
Am 20. Juni 1948 kam dann die
erwartete Währungsreform in den
drei westlichen Besatzungszonen. Zunächst bekam jeder 40 Deutsche Mark.
Damit waren alle
gleich reich! Waren bis zu diesem
Tag die Regale und Geschäfte
leer, so musste sich etwas ganz seltsames ereignet haben.
Über Nacht füllten sich Regale
und Schaufenster. Plötzlich konnte man fast alles kaufen für die
harte DM.
Das Wendland war nun wieder einmal Grenzland geworden, nun aber mit der
ganzen Härte des kalten Krieges. |
Im Westen können die alten Briefmarken mit starker Wertreduzierung
aufgebraucht werden. Eine "Zehnfach-Frankatur" vom 21. Juni 1948. |
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Grenzstreitigkeiten an der Elbe
und
Grenzbefestigungen zur Altmark machten das Leben nicht leichter. In Lüchow
gab es keine Industrie! Ein kleiner Vorteil war, dass nun das
erwirtschaftete Geld in Lüchow statt in Salzwedel ausgegeben wurde. Die
britischen Besatzer waren
immer noch in Lüchow und zu ihnen war das Verhältnis (im Vergleich zu vorher
mit den Amerikanern) etwas unterkühlt.
Langsam beginnt ein relativ normales Leben.
Das Verbot zur Vereinsbildung wurde aufgehoben und so war es nun möglich
sich wieder in Vereinen zusammen zu schließen. |
Schubertkonzert im Gildehaus 1947.
Lüchower Musikwoche zum 100. Jubiläum des Männergesangvereins Lüchow |
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Im Amtsgarten wurde in der „Fliederlaube“ geknutscht. Wenn diese besetzt war,
musste man an die Jeetzel ausweichen. Da bot sich dann die große Trauerweide
gegenüber von Kantor Küster an.
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In der Kino-Klause spielte damals Tilo Krassmann, Pitt Hoppe und Wupper
? (Sohn von Polstermeister ?, später bei der Sparkasse). Wir haben dort toll gescherbelt. Im alten Schützenhaus wurde zum Schützenfest auf dem Dachgarten
ein Zelt aufgebaut, dort feierte die Schützenkompanie (Joppen), unter
anderem auch mein Vater."
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Neben Chaos und Entbehrungen sind vielen Zeitzeugen dieser
Jahre lebensfrohes Feiern, intensives Vereinsleben und aufwändige
kulturelle Veranstaltungen in Erinnerung. Vielleicht, weil sie damals jung
waren. Von "Vergnügen", wie das im Wendland heißt, wird auf weiteren
Seiten noch die Rede sein. Zunächst gibt es noch einen "weiblichen"
Bericht. |
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Im Winter 1945/46 besucht Lydia die Clenzer
Kochschule. Zahlreiche Rezepte, die sie dort aufgeschrieben hat,
dokumentieren die traditionelle wendländische Küche. Clenzer
Kochschule
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Lüchow 1950-1959
(Seite erstellt im Februar 2007) |
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