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Beutow und die Mühle Winterhoff
Mit Beiträgen von Brigitte Rapp (geb. Winterhoff), Hermann Winterhoff und Ulrich Rasche.
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Beutow um 1900 |
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Auf dem Dorfplatz. Foto undatiert. |
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Am Rand eines kleinen Niederungswaldes, etwa einen
Kilometer nördlich von Beutow, liegt die Beutower Mühle am Grabower
Mühlenbach. Dieser Bach trieb früher auf seinem kurzen Lauf von den
Niederungswiesen bei Krummasel bis zur Jeetzel drei Mühlen an:
die Jaaßel Mühle,
die Beutower Mühle und
die Grabower Mühle.
Alle waren nur ein bis zwei Kilometer voneinander entfernt. Die Beutower
Mühle dürfte der größte dieser drei Mühlenhöfe gewesen sein. Dafür spricht
zumindest ihr eindrucksvoller, zweigeschossiger Fachwerkbau von 1794, der
in Stil und Umfang mit dem der Zeetzer Mühle zu vergleichen ist. 1330
finden wir diese Mühle erstmals urkundlich erwähnt. Sie war eine Korn-,
Öl- und Bakemühle, doch wurde die Bakemühle bereits 1824 wegen
Unrentabilität aufgegeben.
Siehe auch:
http://www.deutsche-muehlen.de |
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Die Beutower Mühle wurde 1910 von Familie Winterhoff gekauft. Einige
Jahre danach wurde dieses Foto aufgenommen. Über den Vorbesitzer hat
Gesine Schwesinger in das Gästebuch dieser Website geschrieben
(27.07.2011):
"Familie
Winterhoff hat die Mühle vermutlich von meinem Urgroßvater gekauft,
der jahrelang die Mühle betrieben hatte. Er hieß Müller, wie es ja
auch noch auf der Inschrift zu lesen ist.
Da sich drei Mühlen den Bach teilten, war es eine sehr mühsame
Geschichte, gut davon zu leben. Außerdem war mein Urgroßvater den
Erzählungen meiner Oma nach nicht gerade der arbeitsamste. Er
verkaufte und erstand dafür ein Gasthaus in Munster." |
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Mit den Zuschriften von Frau Rapp aus München können wir hier ein paar
Aspekte des Lebens in der Beutower Mühle beleuchten. Dabei werden auch
einige Querverbindungen zu unseren in Grabow verfolgten Spuren bestätigt.
In den Zeitabschnitten springen wir hier etwas hin und her. Achten Sie
auf die Jahresangaben. |
Brigitte Rapp erzählt:
"Meine Großeltern Gustav und Frieda Winterhoff hatten etwa 1910 die Mühle
gekauft. Sie hatte zwei Mahlgänge und einen Ölschlag und wurde zu dem
Zeitpunkt noch mit Wasserrad angetrieben.
Mein Großvater stellte die Mühle auf Turbinenantrieb um. Eine nennenswert
große Landwirtschaft gehörte dazu.
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Einige undatierte Fotos hat Ulrich Rasche im Nachlass seiner
Mutter gefunden.
Der Stauteich ist 1 ha groß und existiert noch. |
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"Auf dem Winterhoff-Familienfoto, das etwa um
1933 entstanden ist, von links hinten:
Heinrich (mein Vater) 1908-1965,
Magda hatte etwa 1934 einen tödlichen Pferdeunfall.
Gertrud (1913-1987) heiratete August Rasche,
Bäckereibesitzer in
Zernien.
Hermann (1910-1976) übernahm 1935 nach dem Tod des Vaters den
Mühlenhof,
Fiedi (1921-2002) heiratete den Bauunternehmer Emil Schumacher aus Lüchow,
Mutter
Frieda (sitzend) starb 1951,
Vater Gustav (sitzend) starb 1935,
Rudolf (1920-1997) ging nach Herford. |
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1931 baute er zusätzlich eine Bäckerei. |
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Man beachte das Gerüst! |
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Der Dampfbackofen. |
Von hier aus wurden in großem Umfang die Dörfer mit Backwaren
beliefert.
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Der Handel mit den
Bauern lief oft bargeldlos. Sie lieferten das Getreide und erhielten
Gutschriften |
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oder Wertmarken für Mehl oder fertiges Brot. Der
Gesamtbetrieb war ein lohnendes Geschäft. " |
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Weihnachten. Jedes Jahr der gleiche Aufbau.
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Müller und Mechaniker.
Müller und Schornsteinfeger. |
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Mein Vater Heinrich als ältester Sohn wollte
Mühle und Landwirtschaft nicht übernehmen, sondern studierte und ging
später zu Siemens in Berlin. Daher übernahm der zweitälteste Sohn
Hermann den Betrieb und führte ihn - mit der pflichtbewussten Frl.
Else Gehrs im Kontor - bis zu seinem Tod 1976. In dieser Zeit begann
das große "Mühlensterben" und auch in der Beutower Mühle wurde nicht
mehr gemahlen." |
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Hermann Winterhoff ist als junger, lediger Mühlenbesitzer in den 30er
Jahren oft geschäftlich bei Grebiens in
Grabow. Und immer wenn
Elfriede
Grebien zu
ihren Kurzbesuchen aus Hamburg dort ist, treffen sie sich zu intimen
Gesprächen. Auch bei den Nachkommen
der Familie Winterhoff ist überliefert, dass zwischen den beiden
"mal
was war". Obwohl sie sich immer nur kurz im Trubel des
Geschäftsbetriebs sehen können, nehmen diese Treffen großen Raum in
Elfriedes Tagebuch ein. Das soll hier nicht weiter ausgebreitet
werden. Entscheidend ist der offensichtliche Grund der Trennung.
Angeblich passt ihre Herkunft nicht zusammen. Schmerzhaft
trennen sie sich1938 wieder und Elfriede heiratet später einen
Kaufmannssohn aus dem Raum Braunschweig.
Hermann heiratet eine Müllersstochter "aus gutem Hause" aus dem Kreis
Uelzen, Adelgunde Niemann.
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Brigitte Rapp:
"Der Mühlenhof lag etwas abseits vom Dorf. Hier wurde
ich im April 1945 geboren, als zweite Tochter von Heinrich Winterhoff und
seiner Frau Klara. Eigentlich in Berlin wohnhaft, hatten sie wegen der
Bombardierung zusammen mit anderen Verwandten im Elternhaus
Unterschlupf gefunden.
Ende der 50er Jahre baute der Mühlenbesitzer Hermann Winterhoff
zwischen dem Dorf und der Mühle zwei Häuser für seine Beschäftigten
und ihre Familie. |
Kahnfahrt auf dem Mühlenbach. |
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1999 hatten wir ein großes Familientreffen in der Mühle. Anlass war das
275-jährige Bestehen des Wohnhausteiles. (1724 fertiggestellt).
Einkäufe in
Grabow bei Elfriede Grebien-Gebensleben sind mir noch aus Kindertagen
in Erinnerung. Wir verbrachten später viele schöne Ferien in Beutow
bei unserer Oma, Onkel Hermann und Tante Adelgunde, die übrigens,
damals für Frauen ganz ungewöhnlich, einen Führerschein hatte.
Unsere Beutow-Besuche von Berlin aus unternahmen wir per Bahn. So
mussten wir meist ohne Vater und oft bei Dunkelheit den Weg von Grabow
nach Beutow durch den "Rott" gehen. Meine Schwester marschierte stets,
mit Köfferchen in der Hand, mutig voraus, während ich mich ängstlich
an Mutters Rockzipfel klammerte. Aber selbst Mutter flößte das Heulen
der Eulen Bange ein. Manchmal holte uns Onkel Hermann mit dem
Brotwagen "Opel Blitz" vom Bahnhof Lüchow ab. Unsere Ankunft wurde ihm
vom Bahnhofsvorsteher nach "Jameln 3" telefonisch mitgeteilt. Den Duft
von frischem Brot, der diesem Auto anhaftete, habe ich noch heute in
der Nase. |
1950 in Berlin. Meine Mutter mit meiner
Schwester und mir. |
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Meine Schwester Marianne erzählt
gern von ihren vielen Abenteuern, die sie als Kind in der Beutower Mühle
erlebt hat. Und besonders schön sind die Erlebnisse mit dem "Müllerburschen
Dieter". Dieser hat sie als kleines Mädchen z.B. anstelle eines
Getreidesackes an der Kette in die Mühle hochgezogen. Ein anderer hat sie
auch einmal in den Getreidesilo gesetzt. Dieser war jedoch "ricke, racke mit Geknacke"
in Betrieb. Schließlich bekam meine abenteuerlustige Schwester aber
doch Angst und schrie. Müllerbursche Dieter zog sie mit einem Besen
heraus und rettete sie.
Aber wer war wohl dieser Dieter???" |
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Es war durchaus der
Dieter aus Brunn, der ab 1947 bei Winterhoff in
Beutow eine Müllerlehre macht.
Er erinnert sich:
"Das kann schon so gewesen sein. Es ging manchmal lustig zu. Es gibt
da noch dieses Foto, auf dem wir so schadenfroh lachen, weil ein
Kollege in den Mühlenteich gefallen ist.
Die Bauern brachten sehr unterschiedlich große Mengen Getreide. Der
Behn aus Karmitz kam mit zwei Kühen (nicht Ochsen!) vor dem Wagen mit
wenigen Säcken Weizen." |
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Müller und Bäcker des Beutower Mühlenhofes.
1949.
Dieter auf dem Mühlenteich. 1949. |
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Was man in der Müllerlehre lernen muss, sehen Sie in der rechten
Spalte. Aber das Private und Intime interessiert vielleicht mehr.
Wir greifen hier den Geschichten auf den Seiten von Grabow etwas vor.
Auch die Beziehung zwischen Lydia und Dieter scheitert nämlich
zunächst an Statusproblemen.
Dieter:
"Als ich die Lehre in der Beutower
Mühle machte und ich mir auf Lydia Grebien keine Hoffnung mehr machen
konnte, hatte ich längere Zeit eine Freundin. Sie hieß Luise und
wohnte in Küsten. Wir haben in Platenlaase oft getanzt und waren uns
sehr nahe. Ich habe sie nachts nach Hause begleitet und wir hatten
Gelegenheit zu Nähe. Zu Fuß sind wir über Beutow und
Göttien nach Küsten gelaufen und ich hätte sie natürlich in meine
Lehrlingskammer in der Mühle mitnehmen können und wir hätten da die
halbe Nacht verbracht. Sie hätte das auch gewollt und wartete
offensichtlich darauf. Aber das habe ich nicht gemacht. Irgendwie war
sie nicht die richtige für mich. Ich habe sie also bis Küsten gebracht
und bin dann wieder zurück nach Beutow gegangen. Das ging längere Zeit
und häufig so."
Lydia
erinnert sich:
"Mir lag nur noch Dieter im Kopf und ich wusste
nicht, wie ich ihn zurück bekommen konnte. Dieter war inzwischen
Müllerlehrling in der Beutower Mühle. Wir hatten beide einen
gemeinsamen Freund: Edgar. Der hatte bei einer vormilitärischen
Ausbildung der HJ eine Handgranate gezündet und die detonierte, bevor
er sie wegwerfen konnte, in seinen Händen. Dadurch hatte er beide
Hände verloren. Edgar wohnte in Beutow, hatte viel Zeit, da er auf
eine Versehrtenausbildung wartete. Er kam oft zu mir in den Laden. Ihn
schickte ich zu Dieter in die Mühle. Er sollte Dieter aushorchen, wie
er über mich denkt. Er machte nun immer die Runde zwischen Dieter und
mir, bis er dann rausbekommen hatte, dass Dieter kein Interesse mehr für
mich zeigte. Dieter fühlte sich zu minderbemittelt unserer
Familie gegenüber. Darüber war ich sehr traurig." |
Der Brabender Amylograph dient zum Messen des
Verkleisterungsverlaufes der Stärke, besonders zur Ermittlung der
Krumenbeschaffenheit und Backfähigkeit von Roggenschrot und
Roggenmehl. |
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Das
Foto entstand 1960 in München, wo wir seit 1954 wohnen.
Hier sind die Beutower Hermann und Adelgunde mit meinen Eltern Klara
und Heinrich Winterhoff abgelichtet. |
Wie der Topflappen mit Werbeaufdruck belegt, betrieben die
Familien Winterhoff noch weitere Geschäftszweige wie den
Brennstoffhandel. |
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Gebacken wird immer noch auf dem Beutower Mühlenhof, dagegen ruht der
Mühlenbetrieb seit 1977. Das Gebäude wurde teilweise zum Wohnhaus
umgebaut. Ein Teil der Mühlentechnik ist aber bis heute erhalten
geblieben und kann jährlich anlässlich des
Deutschen Mühlentages (
Mühlentag in Beutow 2007) besichtigt werden. |
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Beutow 2006. |
In Beutow 2006 |
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Den eigentlichen Anfang der Geschichte
vom "Müllerburschen Dieter" finden wir auf der Seite von
Platenlaase
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weiter in dieser Spur
(Seite erstellt im Februar 2007)
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