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Platenlaase 1945-2003
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Platenlaase ist ja heute bundesweit bekannt. Kam neulich (am 8.
August 2006) sogar auf "Yahoo News". Mehr dazu weiter unten. Zunächst
gibt es einiges von "Damals in Platenlaase" zu berichten. |
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Die
Feuerwehr von Platenlaase hatte schon früh einen motorisierten
"Mannschaftswagen". Das Foto aus
www.ffjameln.de zeigt die Platenlaaser Feuerwehr wahrscheinlich in
den 30er Jahren. |
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Wie schon auf den Seiten vom Anfang des Jahrhunderts
angekündigt, führt uns die Sareitzer
Spur 1945 nach Platenlaase. Man hatte in Brunn/Mecklenburg
verabredet: "Wenn was schief geht, treffen wir uns bei Ellys Schwester
in Platenlaase." |
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Dieter kommt aus kurzer amerikanischer
Gefangenschaft. Heinz ist aus dem russischen Kessel um Berlin
entkommen und wird von Amerikanern nach Platenlaase gebracht. |
Elly hat in Brunn die Ankunft der
Roten Armee erlebt, zusammen mit Gertrud, die schon früh von Pyritz in
Pommern bis Brunn
geflohen war. Otto hat sechs Jahre Krieg als Kraftfahrer in Polen
überlebt. Sie erreichen im Oktober Platenlaase. |
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Dieter
erzählt:
"Der Mann von Tante Doris in Platenlaase (Johann Meine) war früh
gestorben. Der Sohn Adolf führte 1945 einen großen modernen Hof mit
gekachelten Ställen und hatte für seine Mutter ein Altenteilerhaus auf
dem Grundstück des früheren Meine-Hofes gebaut. Von dem ehemaligen
Hofgebäude waren die Fundamente noch grasüberwuchert vorhanden, als
ich im Juni 1945 dort mit nichts als den verschlissenen Uniformresten
auf dem Leib aus der Gefangenschaft ankam. |
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1945 war das alte Hofgebäude von Johann und Doris Meine (geb. Ritz)
schon abgerissen.
Ein Foto von diesem Anwesen aus dem Jahr 1945 liegt
nicht vor, aber mit der Maus können Sie eine Ansicht von 2005
aufrufen. |
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Tante
Doris hatte ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Ich bekam die Couch
im Wohnzimmer und meine Mutter schlief bei Tante Doris (ihrer
Schwester) im Ehebett. Die Altenteilerwohnung war klein, hatte aber
auch einen Stall mit Federvieh und einen Garten."
Um zu beschreiben, wie im neuen Meine-Hof die Flüchtlinge
untergebracht wurden, muss ich zunächst klar machen, wie die
Räumlichkeiten bei Großbauern üblich waren.
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Es gab die "gode Köök" und die "gode Stuuv".
Die "gute Stube" wurde in der Regel nur bei Familienfeiern benutzt und
ebenso die "gute Küche". Mehr dem Wirtschaftsteil zugeordnet, gab es
die "Swienköök" (Schweineküche, Waschküche) und einen weiteren
Wohnraum. Hier spielte sich meist der Alltag ab. So war es auch bei
Meines. Kinder hatten sie nicht. 1945 wurde eine Flüchtlingsfamilie in
die "gode Stuuv" einquartiert. Nur durch diesen Raum zu erreichen, lag
das eigentliche Schlafzimmer der Meines. Die zogen jetzt in die "alte
Stube" und überließen ihr Ehebett Otto und Gertrud und auf die
"Besucherritze" kam Heinz.
Heinz und ich waren nun Knechte bei unserem Cousin. Als solcher war
der ziemlich knauserig und seine Frau war uns Habenichtsen gegenüber
nicht gerade freundlich. Aber es war ja auch eine extreme Situation.
Nach einigen Monaten zu Familie Kablitz in
Jameln.
Otto hatte bald eine Kraftfahrerstelle bei den Engländern. Gertrud
verdiente sich etwas als Schneiderin und meine Mutter wurde eine
begehrte Köchin bei großen Feiern."Bei den Jugendlichen im Dorf gab es offenbar keine Ressentiments
gegenüber den Flüchtlingen. Wir lassen
Lydia
weiter erzählen: |
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"Die zurückgekehrten Soldaten und auch die jungen Mädchen wollten nun
tanzen und feiern. Bei den Gastwirten, die einen
Saal hatten, war jetzt Musik und Tanz. Vorerst gab es noch keine
Musikkapelle. In Platenlaase machten Heinz und Dieter Kulow mit der
Quetsche Tanzmusik. Sie waren auch gerade aus der Gefangenschaft
gekommen. |
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"Vereine wurden gegründet. Zuerst die
Fußballvereine. Wollten nun die Fußballer zum Beispiel von Breselenz
nach Wustrow, um dort zu spielen, wurden sie mit dem offenen Lkw
dorthin gebracht. Im Winter in Decken gehüllt. Wir Mädchen, die
Fußballbräute, fuhren mit. Für die Fahrt gab es aber kein Benzin.
Darum wurde der Motor mit Holzgas angetrieben. Hinter dem Führersitz
stand ein Kessel, darin wurde das Holz zum Glühen gebracht, dann
entwickelte sich Gas und der Motor sprang an. Überholte uns ein
Fahrrad, riefen wir vom Lkw: "Zieh! Zieh!". |
Trikots hatte man noch keine, also wurde mit freiem Oberkörper
gespielt.
Germania Breselenz 1. Herren von 1947.
sitzend: Ernst-August Kablitz, Gerhard Karkoska (genannt Kuki),
Dieter Kulow.
kniend: Hein Corindth, Lerge, Karl Witte;
stehend: Hein Kosian, Werner Pehlke, Werner Nagel, Erich
Splitt,
Joachim Matern. |
Es wurde viel gelacht. Auf der Straße fuhren
fast keine Autos, darum konnten die Männer natürlich tüchtig einen
nehmen von dem selbst gemachten Schnaps. Lustig ging es zu." |
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Ähnliches liest man in der Vereinsgeschichte von
Germania Breselenz: |
"Im Jahre 1945
wurde in der Gastwirtschaft Kablitz in Jameln der Verein wieder ins
Leben gerufen. Es ging erst mal nur um Fußball. Gespielt wurde 1945
bis 1948 auf Ramms Wiese am Schulsteig von Breustian und Teichlosen
nach Breselenz. |
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Bereits 1946 organisierte sich
der Spielbetrieb, und es wurden Meisterschaften ausgespielt.
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Durch die vielen Flüchtlinge, die nach dem
Krieg vor allen Dingen in der Landwirtschaft untergekommen waren, hatten
sich in Breselenz zwei spielstarke Herrenmannschaften zusammengefunden. Im
Januar 1948 wurde nach einem 2:1 gewonnenen Wiederholungsspiel gegen den SC
Herta Hitzacker die Kreismeisterschaft errungen.
Dies war auch die Zeit des
selbst gebrannten Schnapses. Auf der Hochzeit von Wilhelm Borchert hatte der größte Teil der Fußballer diesem Selbstgebrannten so
zugesprochen, dass der Heimweg in der Schubkarre angetreten werden musste,
wird berichtet."
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www.germaniabreselenz.de
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Zum (Wieder-) Gründungsfest von Germania Breselenz 1945 erzählt
Lydia:
"An einem Wochenende waren die Fußballer wieder
bei uns in der Gaststube in Grabow. Der Termin für das Gründungsfest
sei nun festgelegt. Sie würden uns abholen. |
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Als es nun endlich soweit war, kamen sie mit der
Kutsche, um uns Mädchen abzuholen. Meine Eltern
sträubten sich ganz entsetzlich, mich mit zu lassen. Das war jetzt
nicht der Grund des Trauerjahres, sondern sie hatten etwas gegen meine
Freundschaft mit Dieter. Ich merkte es wohl, doch ich bettelte, bis
sie es zuließen. Draußen standen die Grabower Bengel und waren
wahnsinnig empört, dass die Platenlaaser Knechte ihnen die Mädchen
wegschnappten. Doch wir Mädchen waren so selig, mit der Kutsche
abgeholt zu werden. Auch wurde es ein wunderbares Fest, auf dem ich
das erste Mal tanzte. Dieter und ich waren immer noch beim „Sie“, was
uns keiner so recht glauben wollte.
Dreimal die Woche ging ich mit der Grabower Jugend nach Platenlaase
zum Tanz. Einmal sagte unser Freund Reinhard zu uns: „Kommt alle mit
mir nach haus, da machen wir weiter.“ Er hatte Geburtstag und seine
Mutter und Tante hatten allerhand zu essen für uns bereit gestellt.
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1948. Gegnerische Mannschaft aus Eimsbüttel. |
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Dann wurden Gesellschaftsspiele gespielt, dabei
ging es meistens ums Küssen. Als Dieter und ich dran waren, weigerte er sich und sagte:
„Ich mache hier doch kein Schauküssen!“ Als er mich an diesem Abend – vielleicht war
es auch schon nacht – nach Hause brachte, gab ich nach und ließ mich
küssen. Nun sagten wir endlich „Du“ zu einander. Ich erzählte ihm aber
auch von meinem Freund Walter, der vermisst wäre. Er verstand mich."
Die Romanze zwischen Lydia und Dieter hat zunächst ein Ende. Im Mai
1946 erhält sie die Todesnachricht vom vermissten Freund. Sie erzählt
es so:
"Nun hatte ich die Gewissheit, dass Walter
nicht mehr lebte. Ich konnte mich aber trotzdem nicht von ihm
lossagen. Eines Abends, wie Dieter mich vom Tanzen nach Hause brachte,
blieb ich auf halbem Weg zwischen Platenlaase und Grabow stehen:
„Dieter ich muss dir was sagen. Du bist zu jung für mich, nimmst alles
so leicht.“ Er war völlig perplex und sagte:
„Dass ich zu jung bin, das hast du doch von vornherein gewusst.“ Er
drehte sich um und ging nach Platenlaase zum Tanzen zurück. Ich hörte
von meinen Freundinnen, dass er sich sofort ein anderes Mädchen
genommen hatte."
Fortsetzung folgt.
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Noch kurz etwas zu Platenlaase in der Gegenwart: |
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Im Rundling |
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An der Bundesstraße 248 |
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Der Senior vom Schulzenhof kann noch manche Anekdote aus der Zeit des
Platenlaaser Schnapsbrennens erzählen.
Seit 1989 wird der Hof von zwei Generationen Schulz und Schulz als
Bioland-Betrieb geführt. Kartoffeln in verschiedenen Sorten, besonders
weiterhin die beliebte Sorte Linda, sind die Hauptprodukte. Aber auch
Kühe und Schweine werden auf dem vielseitigen Hof gehalten. Im
ganztägig geöffneten Hofladen gibt es ein volles Sortiment an
Gemüse, Milch und Fleisch. |
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Wo einst Dieter und Heinz mit der Quetsche zum Tanz aufspielten, ist
heute ein Zentrum für Kultur und Politik im Wendland. Der
Kulturverein und das Café Grenzbereiche sind Treffpunkt und
Veranstaltungsort der Musik- und Theaterszene. Wenn dann noch, wie letzte Nacht, die
Deutsch-Rock-Band Madsen
aus
Prießeck im Wendland vor ausverkauftem Haus Stimmung macht, wird
deutlich, dass das Wendland auch für Jugendliche etwas zu bieten hat. |
www.platenlaase.de |
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In der Tour durch das 20. Jahrhundert bleiben wir noch im Jahr 1945.
Bevor wir diese
Geschichte aus Grabower Sicht ergänzen, begeben wir uns wieder in den
tiefen Wald von Parpar:
Parpar
1945 -1965 |
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weiter in Dieters Spur Heinz'
Spur
(Seite erstellt 2005) |