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Wustrow
1945 bis 1960
Carola McRae |
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Wustrow 1920
Wustrow 1940
Wustrow 1945
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Die meisten Zeitungen sind vorübergehend von den
Besatzungsmächten verboten. Die Hauptpropagandamedien der NS-Zeit
müssen neu organisiert werden. Wo findet man in Deutschland integre,
demokratisch orientierte Journalisten und Redakteure? Jedenfalls gibt
es auch eine Zeit lang den Lüchow-Dannenberger "Allgemeinen Anzeiger" nicht. Die Lüneburger
Landeszeitung erscheint mit einer "Ausgabe Dannenberg". Im Mai 1948
findet sich dort eine ausführliche Reportage mit historischem Abriss
über Wustrow. |
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Wustrow – Die Stadt auf den Inseln
Das Bild einer alten wendländischen Gemeinde
"... Außer der
in allen Gemeinden eingetretenen Verschärfung der Lage in den
Wohnungsverhältnissen ist Wustrow dadurch noch besonders betroffen
worden, dass der seit Jahren andauernde Zustrom über die Zonengrenze
stattgefunden hat. Immerhin ist in der letzten Zeit eine gewisse
Erleichterung zumindest auf dem Arbeitsmarkt eingetreten, nachdem die
mechanische Weberei 100 Personen und die nach dem Kriege nach hier
verlegte Textilfabrik Leinex etwa 80 Arbeitskräfte beschäftigt.
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Lüneburger Landeszeitung ( Ausgabe Dannenberg) Freitag, 14. Mai 1948 |
Der Rat der Stadt ist weiterhin
bemüht auf diesen beiden wichtigsten Gebieten Fortschritte und
Verbesserungen zu erzielen."
Nach längeren Ausführungen über die Schicksalsschläge in der
Geschichte Wustrows heißt es weiter:
" ... der die Kali-Schächte und damit die Existenz mehrerer Hundert
Arbeitskräfte zum Opfer fielen, ist eine fast immer währende Notzeit
festzustellen, die, so ist zu hoffen, in dem augenblicklichen Elend
ihren Tiefstand erreicht haben möge. |
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Brücke über die Dumme. |
Die Überschrift "Stadt auf den Inseln" kann man heute nur noch schwer
nachvollziehen.
Der alte Verlauf der Dumme durch Wustrow und
die Stelle der Mündung in die Jeetzel ist jungen Wustrowern
wahrscheinlich genauso wenig bekannt wie mir. Wie viele Flussarme und
Inseln gab es? Mit der Kanalisierung
dieser Flüsse in den 60er Jahren wurde die Dumme aus dem Stadtgebiet
von Wustrow raus verlegt. Ist die Brücke auf dem Foto die Fehlstraße? Kreuzte
die Dumme irgendwo zwischen Mühlensteig und Salzwedeler Straße die
Fehlstraße? |
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Vor der Kanalisierung setzten Über-schwemmungen die Landschaft häufig
unter Wasser, wie auf dem Foto zwischen Wustrow und Lüchow. |
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Wieder zur Familie Wolter:
Wir schreiben das Jahr 1947. Von Ernie Wolter keine Spur. Elisabeth
heißt jetzt Weinert. Sie hat mit ihren Eltern die Landwirtschaft und
den Laden "Milch-Wolter" betrieben. Das Chaos des Zusammenbruchs haben
sie überstanden. Die Stadt ist voller Flüchtlinge.
Es gibt einen Lichtblick. Elisabeths Mann Harald kehrt aus der
Gefangenschaft in Nordafrika zurück. Er ist gesundheitlich schwer
angeschlagen. Aber er ist da! Ursprünglich wollten sie möglicherweise nach dem
Krieg in Haralds Herkunftsstadt Chemnitz wohnen. Aber Chemnitz wird
nun in Karl-Marx-Stadt umbenannt. Harald ist jedenfalls froh, eine
Frau im Westen zu haben. Insofern zählt er sich nicht zu den
Flüchtlingen. |
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Harald Weinert wird in der Überseefunkempfangsstelle in Woltersdorf,
die jetzt von der Post unter britischer Kontrolle betrieben wird,
angestellt.
Wir bleiben noch durch die fünfziger Jahre in dieser Spur, die wir um
1850 mit Wolter/Jacobs begonnen haben.
Es wird nun die nächste Generation erwartet.
Die Tochter Carola lässt sich hier in ihrem Kinderwagen
abbilden, weil solche Fotos so beliebt sind.
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Ernst Wolter ist jetzt Opa Wolter. Wir erwischen ihn auf einem
Foto vom Erntefest, wo er zeigt, dass er auch mal ganz gut feiern
kann. Er sitzt einmal nicht auf dem Kutscherbock, sondern hinten
rechts, etwas unbequem eingeklemmt, aber gut gelaunt. Seinen Zylinder
hat Frl. Kranz ihm abgenommen. Gegenüber mit Brille sitzt Bäcker Haver
und vorne rechts Martin Hinrichs.
Auf dem nächsten Foto von 1955 ist Opa Wolter wieder der Kutscher. |
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Zum Erntefest in Wustrow gehört das
Kinderschützenfest. Wolter hat seine Kutsche prächtig geschmückt und
kutschiert das Königspaar. |
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Sein ganzer Stolz sind die Norweger Fjordpferde, von denen er
später noch oft schwärmt. Als erster habe
er diese Rasse im Landkreis eingeführt. Und dann erzählt er die
Geschichte von der treuen Stute Grete, die eines Tages von
Pferdedieben vom Hof geführt wurde. Er stand mit Elisabeth am
Fenster und sie sahen, wie Grete einem Pferdedieb kräftig ins
Hinterteil biss. Daraufhin verschwanden die Männer und Grete trabte
wieder auf ihren Platz im Hof.
Wolters Fjordpferde
Atja und Elfe mit
dem Fohlen Heidi. |
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Aber ihn plagt die Trauer um seinen Sohn.
Obwohl Ernst nicht an den Tod von Ernie glauben mag, muss er die
Hoffnung auf dessen Rückkehr aufgeben, nachdem 1956 die letzten
deutschen Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkamen. |
Ohne Hofnachfolger verliert er die Lust an
der Landwirtschaft.
1957 bietet er alles landwirtschaftliche Inventar zur Versteigerung
an. Die Liste der Maschinen und Geräte ist lang. Einige seien hier
aufgezählt:
"Inventar-Auktion in Wustrow am 25. Februar 1957
Im freiwilligen Auftrage des Landwirts Ernst Wolter ....wegen
Wirtschaftsaufgabe ... :
Gummiwagen "Blumhardt", Gummiplattenwagen, Kastenwagen mit Ladegerüst,
Kastenwagen mit Ernteleitern, Einspännerwagen, fahrbare Dreschmaschine
"Unkel & Richter", Pferderechen, fahrbarer Elektromotor, Schrotmühle
(40er Stein), Rübenschneider, Strohschneider, fahrbare Jauchepumpe,
Zinkjauchetonne (600 l), 2 Dezimalwagen, Kartoffelquetsche,
Milchkannen (20l) ...
1 PKW 'DKW-Meisterklasse' Bj. 1953." |
Hofaufgabe 1957
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Und noch eine Feier ... Die Kalibergwerke sind längst Vergangenheit,
aber der Bergmannsverein "Glück-Auf" existiert weiter und hält die
Erinnerungen wach.
Ernst Wolter ist
1. Vorsitzender des Bergmannsvereins.
Die Kontakte zum Raum Salzgitter werden weiter gepflegt.
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Als 1963 das Grubenunglück in Lengede die Welt in Atem hält, fühlen
die Wustrower eine starke Betroffenheit.
Carola McRae:
"Nach dem
Grubenunglück in Lengede hat sich der Wustrower Bergmannsverein mit
einer Einladung zum Erntefest an die Überlebenden gewandt. Ich kann
mich noch daran erinnern, wie die Lengeder Gäste in Opas Küche
Abendbrot gegessen haben, ehe sie wieder zum Fehl gingen."
Auf einer Solidaritätsveranstaltung verleiht hier der
Vorsitzende Ernst Wolter dem Bergmann Carl Cotta(?) aus Lengede, der das
Unglück überlebt hat, eine Ehrenurkunde und eine Anstecknadel. |
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Auf den Fotos sind die ehemaligen Wustrower Bergleute zu einem
Besuch in Sehnde:
Ernst Wolter, ganz rechts sein Schwager Karl Kuhwald und in der Mitte
Herr Kerschke.
"Auf der Rückseite steht: 'Sehnde 1965' - ich
dachte sie wären in Lengede gewesen, aber vielleicht war das alles auf
einer Fahrt." |
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Im Oktober 2006 hat der Bergmannsverein "Glück-Auf" sein
100-jähriges Bestehen gefeiert. Damit beenden wir die Wustrower Spur vorläufig. |
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Bevor es in der Tour weitergeht,
einige neue Fotos von den behandelten Schauplätzen in Wustrow:
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(Seite erstellt im Januar 2007) |