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      In Zargleben 1980 bis 2005
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          | "Die Ökos kommen." Aber sie kommen nicht nur von außerhalb 
    in das Wendland. Als Beispiel für das Umdenken in großen Teilen der 
    Landwirtschaft im Gorleben-Landkreis soll hier der Eichenhof von Jochen 
    Kulow in Zargleben dargestellt werden.  | 
         
       
      
     
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     Das Interview wurde im Mai 2005 geführt.               | 
   
  
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          Burghard: Jochen, du führst heute 
          einen sehr großen Bioland-Hof. Über deine Kindheit habe ich schon etwas 
          erzählt. Wie ging es weiter? 
          Jochen: Ich wusste immer, dass ich Landwirt würde und ich wuchs in 
          damalige Außenseiterkreise rein. Als wir bei meiner Konfirmation 1971 mit 
          der Clique aus Cousins und Cousinen zur "Clenzer Mühle" abzogen, war das 
          für Eltern und Onkel und Tanten schon ein Schock. Außerdem war ich ein 
          Draufgänger. In der Schule habe ich so manchen Lehrer an seine Grenze 
          gebracht. In der Freizeit ging es ganz schön lebendig zu. Aber 
          hauptsächlich war ich immer auf die Hofarbeit konzentriert. Bei den 
          tiefschürfenden philosophisch-politischen Diskussionen der 70er Jahre 
          war ich weniger engagiert. Erst als der Gorleben-Beschluss kam, wurde 
          ich tatsächlich politisiert. Und das war ein Ding, wo man richtig 
          praktisch anpacken konnte. Da konnten wir Bauern unsere Trecker 
          einsetzen. Beim Bau des Hüttendorfs war richtig Arbeit angesagt. 
          Burghard: Dann hast du alternativen Landbau studiert. Das war in jener Zeit 
          ungewöhnlich. Wie kam es dazu? 
          Jochen: Zunächst mal wollte ich den Hof langfristig und zeitgemäß in die 
          Zukunft führen. Dazu war mir Wissen wichtig, das ich nur über 
          intensives Studium erlangen konnte. Bei allen Diskussionen um die 
          Atomenergie, war natürlich der Gedanke stark, dass ich nicht 
          gleichzeitig massenhaft chemische Gifte auf 50 ha Landschaft spritzen 
          sollte, während ich auf der anderen Seite gegen den 
          Atommüll-Entsorgungspark kämpfte. 
          Burghard: Die ökologische Orientierung der Landwirtschaft war doch noch ganz 
          in den Anfängen. 
          Jochen: In unseren Außenseiterkreisen wurde darüber viel diskutiert. Aber bei 
          den Bauernkollegen war das alles Spökenkram und spinnert. Auch um 
          meinen Vater zu überzeugen, brauchte ich mehr als nur Ideologie. Es 
          gab einen Vorreiter im Nachbardorf Mammoißel, Ulrich Quis, und in Kassel-Witzenhausen war ein Studiengang Alternativer 
          Landbau kürzlich eingerichtet worden. Unter dem dortigen Professor 
          bekam ich die handfesten und wissenschaftlich begründeten Argumente.
           
          Burghard: Vieles war sicherlich noch eher Forschung als feste Konzepte? 
          Jochen: Es gab auch schon genug Ergebnisse. Aber richtig ist, dass noch 
          vieles erprobt werden musste. Besonders auch die Umstellung großer 
          Betriebe. Nachdem ich 1981 meinen Vater überzeugen konnte, haben wir 
          noch während meines Studiums ab 1982 unseren 50-ha-Hof auf Bioland 
          umgestellt und darüber habe ich meine Diplomarbeit geschrieben. Ganz 
          wichtige Absatzvoraussetzung für die Umstellung vieler Hektar 
          Getreideanbau, war die Bohlsener Mühle, die damals schon ganz auf 
          Bio-Produkte setzte. 
          Burghard: Ich erinnere mich, dass es in jenen Jahren auf dem Biomarkt in 
          erster Linie um Gemüse ging. 
          Jochen: Ja. Jedenfalls neben Brot und 
          Kartoffeln. Ein großer Abschnitt in unserer 
          Hofgeschichte ist dann auch der Gemüseanbau geworden. Es gab eine 
          große Nachfrage in Insel-Berlin, das kein Umland hatte. Wir haben bis 
          Anfang der 90er Jahre auf 15 ha Gemüse in 70 verschiedenen Kulturen 
          angebaut. Das war für uns etwas ganz anderes als Viehzucht und 
          Ackerbau. Da gab es auch Fehlschläge. Es war außerordentlich 
          arbeitsintensiv. 30-40 Saisonhelfer, dazu Lehrlinge und so manche 
          Stadtflüchtlinge, die mal was Alternatives ausprobieren wollten. Es 
          ging recht lebhaft zu. Hofkunden zu allen Tageszeiten und auch am 
          Wochenende. Lieferfahrten nach Berlin. Markt in Lüchow. Und manchmal 
          mag ein konventioneller Nachbar oder Bauernkollege beim Anblick völlig verkrauteter Erbsenfelder gedacht haben: Jetzt sind sie pleite. 
          Burghard: Dabei war Gemüse nur ein kleiner Teil des Gesamtbetriebes. Hattet 
          ihr nicht auch irgendwie Teilhaber? 
          Jochen: Das Konzept, mit eigenständigen Teilhabern mehrere Hofbereiche 
          aufzubauen, wurde einige Jahre verfolgt. Giesi baute eine 
          Milchschafherde mit Melkanlage und Käseküche auf. Henriette führte den 
          Vertrieb der Bioprodukte als selbständiges Gewerbe. Ich war für vieles 
          zuständig. Aber das Ganze war noch unter der Regie von Heinz und man 
          muss schon sagen: Er hatte ungeheuer viel Langmut, Toleranz und  Vertrauen 
          in die Jugend. Dabei gab es natürlich gruppendynamische Prozesse, die 
          ganze Romane füllen würden. Und selbstverständlich hatten auch die 
          Frauen ein Wörtchen mitzureden, insbesondere die allseits beliebte 
          Meta-Oma.  
          Burghard: Ich kann mir denken, dass das nicht das beschauliche, idyllische 
          Landleben war, wie mancher Städter sich die Alternative auf dem Lande 
          vorstellte.  
          Jochen: Nun, einige sind belehrt wieder in die Großstadt gegangen und  
          anderen war unsere Größenordnung nicht geheuer. Viele haben es 
          geschafft in kleinerem Maßstab sich auf einen Bereich zu 
          konzentrieren. Zum Beispiel ist Giesi mit seinen Schafen nach Diahren 
          gegangen und betreibt heute einen eigenen gut gehenden Hof.  
          Burghard: Wann hast du den Hof in deine Regie übernommen und war das eine 
          routinemäßige Hofübergabe an den Erben? 
          Jochen: Nein, das war ein komplizierter Prozess für alle Beteiligten, zu 
          denen ja auch meine drei Geschwister gehörten. 
          Burghard: Im Vordergrund stand sicher im Sinne des regionalen Erbrechts die 
          Erhaltung des Hofes. 
          Jochen: Das war der Aspekt gegenüber den Geschwistern.  
          Burghard: Und zwischen Vater (Eltern) und Sohn? 
          Jochen: Ich habe es meinem Vater manchmal nicht leicht gemacht, die 
          Verantwortung abzugeben. 1989 haben wir dennoch alles vertraglich geregelt. 
          Der Hof florierte zu der Zeit besonders rasant. Ich konnte für meine 
          Familie ein neues Wohnhaus bauen und im Privaten damit ein wenig 
          Distanz schaffen, ohne die "Alten" in ein  Altenteil abzuschieben. 
          Die Geschwister hatten schon ihren eigenen Weg eingeschlagen und alle 
          drei kauften sich Höfe in Sachsen-Anhalt. 
          Burghard: Die Grenze war nun nicht mehr da. Welchen Einfluss hatte das auf euer 
          Berlingeschäft? 
          Jochen: Tatsächlich mussten wir in den 90er Jahren erneut umdenken. Das 
          Berlin-Geschäft hatte in dieser Form keine Zukunft mehr, weil dort jetzt im Umland 
          große Bio-Betriebe entstanden. Dazu kamen innerbetriebliche Argumente, 
          vom Gemüseanbau Abstand zu nehmen. So erwies sich auch die Idee der 
          Gemeinschaft als unbefriedigend für alle und musste modifiziert 
          werden. 
          Burghard: Bevor wir zur heutigen GbR kommen, wie bist du mit solchen 
          Wirtschaftsfaktoren, die von außen vorgegeben werden, umgegangen? 
          Jochen: Ich war immer bemüht, alle Tendenzen rechtzeitig mitzubekommen, 
          z.B. durch Weiterbildungsseminare und durch einen sehr informierten 
          landwirtschaftlichen Berater in Clenze. Notwendige tiefgreifende 
          Umstrukturierungen haben allerdings oft mein ganzes Denken in Anspruch 
          genommen.  
          Burghard: Dennoch warst du auch bei allen Castor-Transporten immer an 
          vorderster Front. 
          Jochen: Ja, hey! Wenn der Castor kommt kann ich nicht am Schreibtisch 
          sitzen und EU-Formulare ausfüllen. Aber das hat mich viel Nerven 
          gekostet. Das geht nicht mal so eben als Hallodri an mir vorbei. Das 
          ist ja auch jedes Mal ein echtes Risiko für den Betrieb. Immerhin 
          hatte ich mal wegen meines Treckereinsatzes bei einer Blockade für ein 
          Jahr lang keinen Führerschein. Wenn die Kollegen sagen, das sind wir 
          unseren Kindern schuldig, stimme ich dem natürlich zu. Aber es ist mir 
          in meiner eigenen Brust auch ein tiefstes Anliegen sozusagen ganz für mich.  
          Burghard: Wieder zur Umstrukturierung.  
          Jochen: Auf unseren Böden gedeihen Kartoffeln am besten und die Nachfrage 
          nach Bio-Fleisch ist stark gewachsen. Hinzu kommt die große Bedeutung 
          der Schweine in meiner persönlichen Geschichte. Aus den 
          wirtschaftlichen Tendenzen, unseren lokalen Bedingungen und einem 
          gewissen Lustprinzip habe ich den Betrieb konzentriert auf die 
          Schwerpunkte  
          -Kartoffelanbau im Wechsel mit Getreide und Raps, 
           
          -Schweinezucht und Schweinemast  
          -und zusätzlich als Nutzung des 
          Grünlands haben wir eine Rinderherde der Rasse Black Welsh aufgebaut.  
          Burghard: Wie sieht der Betrieb nun heute aus? 
          Jochen:
          Zunächst muss gesagt werden, ohne es ganz kompliziert zu machen, dass 
          ich mit dem Betrieb Schulz aus dem Nachbardorf Zeetze als GbR 
          zusammenarbeite. Also zwei Höfe, die den größten Teil der Fläche 
          zusammen bewirtschaften und das sind etwa 700 ha. 
          Burghard: Die liegen aber nicht alle in den Gemarkungen der beiden Dörfer? 
          Jochen: Nein. Übrigens ist das meiste Pachtland. Im Wesentlichen liegt 
          alles im 5km Umkreis, aber einiges auch weiter weg bis Seerau i.L. und 
          Bischof bei Waddeweitz.  Für die Sortierung und Lagerung der 
          Kartoffeln haben wir zwischen Zargleben und Zeetze  gemeinsam 
          eine Halle  gebaut, in der bis zu 4000t Kartoffeln eingelagert 
          werden können. Es gibt 9 festangestellte Arbeitnehmer. In Kürze 
          gründen wir eine weitere GbR, die als Dienstleistungsbetrieb alle 
          Angestellten und Maschinen übernehmen wird. 
          Burghard: Schweine und Rinder gehören nicht zur GbR? 
          Jochen: Nein, beide GbR-Betriebe haben noch getrennte Wirtschaftsbereiche. Die 
          Rinderherde umfasst jetzt 70 Tiere incl. 8 Zuchtstiere. Nach dem 
          herben Rückschlag durch die BSE-Krise floriert der Absatz von 
          Rindfleisch wieder. Für die Schweine habe ich für 650 Tiere 
          Offenställe nach Biolandkriterien gebaut. Die Schweine können also 
          wieder draußen rumtollen, wenn auch nicht in Schlammsuhlen wie früher 
          in den Moorwiesen. Bezüglich Bio-Fleisch haben wir den großen Vorteil, 
          dass wir auch die Nachzucht selber erzeugen. Bioland lässt es nicht 
          mehr zu, dass konventionell erzeugte Ferkel in Bioland-Betrieben 
          lediglich gemästet werden.  
          Burghard: Und Verarbeitung und Absatz so großer Mengen? 
          Jochen: Auch eine positive Entwicklung ist, dass die große 
          Versandschlachterei Vogler in Steine das Bioland-Zertifikat erworben 
          hat und in getrennter Verarbeitung jährlich 
          etwa 1500 Schweine von uns schlachtet. Die Firma Vogler macht dies für 
          uns als Dienstleistungsbetrieb. Die eigentliche Vermarktung übernehme 
          ich wieder selbst. Wobei Vogler auch die Auslieferung übernimmt zum 
          Beispiel an einen Verarbeiter in Bayern. Dort gehen regelmäßig 70 
          Schweine pro Monat hin.  Ein weiterer großer Abnehmer mit 20 
          Stück pro Monat ist die "ÖkoFleisch Wendland GmbH"  und nicht 
          zuletzt Henriette Kulow und Annette Quis mit "Bio im Wendland", die 
          weiterhin viele Bio-Produkte der Region nach Berlin liefern.   
          Burghard: Jochen, ich danke dir für dieses Gespräch und für deine Arbeit für 
          die Zukunft unserer Kinder. | 
          
            
          1985. Jochen Kulow versorgt den Schweinestall. | 
         
        
          
            
          1985 ist zwar der Ackerbau schon auf Bio-Produktion umgestellt, aber 
          die Schweineproduktion erfolgt noch konventionell. | 
         
        
          
      
            
    1985 gibt es 12 Sauen mit Ferkeln. | 
         
        
          
      
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          Zur Zucht gehören auch die Eber. | 
         
        
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          Den prächtigen Bauerngarten pflegt nach alter Tradition die Bäuerin.  | 
         
        
          
            
          Auch die Kletterrosen an der Hauswand erfordern viel Pflege. | 
         
        
          
            
          Ein Zwischenfall: Eine Panne am Mähdrescher hat das Getreidefeld in 
          Brand gesetzt.  | 
         
        
          
              
            Ein neuer Mähdrescher wird sowieso gekauft. | 
         
        
          
            
          Auch Traktoren und Maschinen sollen nicht veraltet sein. | 
         
        
          
      
      
          Vor dem Offenstall der Zuchtstiere drei Generationen. 
    Ist da ein nächster Hofnachfolger dabei? (1998) | 
         
        
          
      
            
          Welsh-Black-Zuchtbulle. | 
         
        
          
      
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                Heinz hat zwar die Verantwortung abgegeben, aber die Arbeit 
                nicht. | 
               
             
            
           
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                Jochen am Fischteich, der zu den vielen kleinen Nebenbereichen 
                des Hofes gehört. | 
               
             
            
           
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          2005. Jochen Kulow vor seinem Wohnhaus. | 
         
       
      
     
      
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      Weitere Fotos von Zargleben aus dem Jahr 2005
      
       
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        Eine kleine Gedenktafel 
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          (Seite erstellt 2005)  | 
   
  
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